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2024-03-17
Annabelle Theobald

„Man kommt mit Top-Forschenden ins Gespräch und kann sich gut vernetzen.“

Für Nachwuchsforschende ist der Austausch mit Top-Wissenschaftler:innen aus ihrem Forschungsfeld von entscheidender Bedeutung, um von deren Erfahrung zu lernen, aktuelle Forschungstrends zu verstehen und ihr eigenes Wissen durch den Dialog zu vertiefen. Das ELLIS-PhD & Postdoc Program vernetzt PhD-Studierende und Postdocs aus ganz Europa mit Top-Expert:innen aus allen Bereichen des maschinellen Lernens – sowohl aus der Forschung als auch aus der Industrie. Zudem ermöglicht das Programm seinen Teilnehmer:innen einen sechsmonatigen Auslandsaufenthalt bei einer Partner-Institution. PhD-Student Tobias Lorenz genießt gerade in Oxford die Vorteile des ELLIS PhD & Postdoc Program. Er ist zum Austausch dort und arbeitet normalerweise am CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit in der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Mario Fritz, der auch das Exzellenznetzwerk ELSA koordiniert. ELSA-Forschende wie Fritz unterstützen und erweitern das PhD & Postdoc Program von ELLIS.

Hallo Tobias. Du nimmst am ELLIS PhD-Programm teil und bist gerade in Oxford. Kannst du mir mehr über das Programm verraten und darüber, was genau du dort machst?

Die Grundidee des ELLIS PhD & Postdoc Program ist Forschungsgruppen in Europa besser zu vernetzen. Als Teilnehmer habe ich zwei betreuende Professoren aus zwei verschiedenen europäischen Ländern, die mir Input zu meiner Forschungsarbeit geben können. Teil des Programms ist zudem ein mindestens sechsmonatiger Aufenthalt in der Partnerinstitution – bei mir ist das die University of Oxford. Hier arbeite ich weiterhin an meinem Promotionsthema. Meine Betreuerin in Oxford ist Prof. Marta Kwiatkowska. Sie ist Expertin in meinem Forschungsgebiet: die beweisbare Robustheit von Machine-Learning-Systemen.

Das musst du mir bitte noch etwas genauer erklären.

Ok, ich versuche es (lacht). Neuronale Netze sind der Kern vieler Machine-Learning Systeme, bislang aber nicht sehr robust. Wenn die Eingabe, also die Daten, mit denen wir die Systeme füttern, nur ein klein wenig verändert wird, hat das oft schon Auswirkungen auf die Ausgabe. Das bedeutet, dass Angreifer:innen die Systeme mit leicht veränderten Daten einfach manipulieren können. Fügen sie zum Beispiel einem Bild ein klein wenig Rauschen hinzu, das mit bloßem Auge nicht mal erkennbar ist, versteht das System oft nicht mehr, was auf dem Bild zu sehen ist. Wir wollen die Systeme robuster machen, sodass sie mit solch kleinen Veränderungen besser umgehen können und trotzdem verlässliche Ergebnisse liefern.

Das ELLIS PhD & Postdoc Program bietet zwei verschiedene Tracks an: den Academic und den Industry Track. Die Teilnehmenden können also wählen, ob sie entweder in einer anderen Forschungsinstitution oder bei einem Industriepartner sechs Monate zu Gast sind und mit Expert:innen gemeinsam arbeiten. Du hast dich für den Academic Track entschieden. Willst du in der akademischen Welt bleiben?

Zumindest derzeit fühle ich mich in der Academia sehr wohl, weil die Wissenschaft sehr frei ist und ich auch die Grundlagenforschung sehr spannend finde. Ich könnte mir später aber auch vorstellen, in der Industrie in einer Forschungsabteilung zu arbeiten. Wie genau es nach dem PhD weitergeht, wird sich noch zeigen.

Wie bist du auf das ELLIS PhD & Postdoc Program aufmerksam geworden und wie läuft die Bewerbung ab?

Der Betreuer meiner Bachelorarbeit hat mich irgendwann auf das Programm aufmerksam gemacht. In meinem Masterstudium an der ETH in Zürich hat mir dann auch mein Professor dort dazu geraten, mich zu bewerben. Es gibt einen zentralen Bewerbungsprozess über ELLIS, in dem die Bewerber:innen nach einigen Vorrunden mit Professoren in ganz Europa gematcht werden, die für eine Zusammenarbeit zum Promotionsthema in Frage kommen. Beide Seiten dürfen dann wählen, mit wem sie arbeiten wollen. So bin ich ans CISPA in die Gruppe von Mario gekommen, mit dem ich jetzt gemeinsam auch im Exzellenznetzwerk ELSA arbeite und über das ELLIS Program habe ich auch Marta als Zweitbetreuerin gefunden.

Deine Mitarbeit im ELSA-Netzwerk war aber keine Voraussetzung für die Teilnahme am ELLIS PhD & Postdoc Program, oder?

Nein, ELSA gab es damals noch gar nicht. Die Arbeit in einem der Exzellenznetzwerke kann bestimmt auch Türen im ELLIS-Programm öffnen, ist aber kein Muss. Für mich ist die Mitarbeit in ELSA aber sehr interessant, weil darin viel zu Themen geforscht wird, die an meinem Thema sehr nah dran sind. ELLIS ist sehr viel breiter aufgestellt und beschäftigt sich mit Machine-Learning-Themen in der ganzen Breite. ELSA hingegen fokussiert die Sicherheit und Robustheit der Systeme. Ich profitiere also von beiden Netzwerken.

Wie genau hat dich ELSA unterstützt deinen Aufenthalt in Oxford zu realisieren?

ELSA hat ein Mobility-Programm, das genau für solche Zwecke gedacht ist. Darüber kann ich einen Teil meiner Reisekosten erstattet bekommen. Zudem wird meine PhD-Stelle von ELSA finanziert. ELLIS selbst hat keine Stellen, sondern kooperiert mit vielen Unis und Forschungsinstitutionen und setzt auf deren Programmen auf.

Was hast du für dich aus dem ELLIS PhD & Postdoc Program mitgenommen und würdest du andere Nachwuchsforschende dazu ermutigen, sich zu bewerben?

Neben der Gelegenheit hier in Oxford zu arbeiten, bietet ELLIS auch Events an wie die ELLIS Summer School und das Doctoral Symposium. Das habe ich schon zwei Mal besucht. Das war super, weil ich die anderen Doktorand:innen kennengelernt habe. Es gibt bei diesen Veranstaltungen viel Austausch und einige neue Ideen. Die Events werden von den verschiedenen ELLIS-Units von Doktorand:innen für Doktorand:innen organisiert und gibt einen guten Mix aus Vorträgen von Professoren und PhDs zu einem vorher definierten, übergreifenden Thema und natürlich viele Gespräche zwischen den Promovierenden. Also ja, auch wenn es Konkurrenz um die Plätze gibt: Man kommt mit Top-Forschenden ins Gespräch und kann sich gut vernetzen. Wer daran interessiert ist, sollte sich bewerben,

Hast du schon konkrete Kooperationen mit Forschenden geplant, die du über ELSA oder ELLIS kennengelernt hast?

Ideen gibt es schon viele. Wie die jetzt konkretisiert werden können, muss ich noch sehen.

Danke für das Gespräch, Tobias.

 

About ELLIS:

ELLIS ist ein paneuropäisches Exzellenznetzwerk für künstliche Intelligenz (KI). Es baut auf maschinellem Lernen als Motor für moderne KI auf und zielt darauf ab, die internationale Führung von KI made in Europe dauerhaft zu sichern, indem es Spitzenforschende auf diesem Gebiet verbindet und ein multizentrisches KI-Forschungslabor schafft. Gegründet im Jahr 2018, ist ELLIS schnell zu einem Netzwerk gewachsen, das 41 ELLIS-Einheiten an Weltklasse-Institutionen in 16 Ländern, 16 ELLIS-Forschungsprogramme und ein paneuropäisches PhD-Programm umfasst. Das erste ELLIS-Institut nahm 2023 in Deutschland seine Arbeit auf. Die Mitglieder von ELLIS haben sich verpflichtet, die Zukunft der KI in Europa zu gestalten, indem sie die wissenschaftlichen und technologischen Grenzen für eine auf den Menschen ausgerichtete, nützliche und sichere KI verschieben.

About ELSA

ELSA ist ein virtuelles Exzellenzzentrum, das die Forschung auf dem Gebiet sicherer und vertrauenswürdiger künstlicher Intelligenz vorantreibt. Das große und wachsende Netzwerk europäischer Top-Expert:innen für KI und maschinelles Lernen soll die Entwicklung und den Einsatz modernster KI-Lösungen in der Zukunft fördern und Europa zum weltweiten Leuchtturm künstlicher Intelligenz machen. ELSA baut auf dem bestehenden international anerkannten und hervorragend positionierten Exzellenznetz ELLIS (European Laboratory for Learning and Intelligent Systems) auf und erweitert es.